REZENSIONEN

Sonntag / Morgen! (MotorDigital) Ausflug (Sonntagsmusik/Audiomagnet AM 400061)

Wo soll man ihn einordnen, Titus Lang aus Leipzig? Ist er ein Liedermacher? Ein Singer/Songwriter? Eine neue deutsche Indiefolk-Hoffnung? Sein aktuelles, drittes Album Ausflug klingt auf höchst angenehme Weise wie mit einfachstem Equipment zu Hause aufgenommen. Keinerlei Schickschnack – einfach nur Lieder pur. Dem Zuhörer vermittelt sich das Gefühl, gemeinsam mit dem Musikus, der sich auch als Prosa-Autor, Comiczeichner und Nachrichtenreporter betätigt, in der Küche zu sitzen und einem Privatkonzert zu lauschen. Der Gesang klingt völlig unangestrengt und entspannt. Bei der instrumentalen Begleitung dominiert das Banjo, aber auch Gitarre und Mundharmonika sind zu hören. Alles bemerkenswert sparsam eingesetzt, kein Ton zu viel und gerade deshalb sehr glaubhaft, sehr ausdrucksstark. Ein im Wortsinne eigenartiges Werk, das man gerne öfter in den Player legen möchte. Das Inlay enthält leider so gut wie keine Informationen und auch keine Liedtexte. So muss man halt genau hinhören. Macht man aber auch gerne. 

(FOLKER Nr.5 Okt.2010)

Mit Ausflug erscheint nach Sonntag und Morgen! Im April das neue Album von Titus Lang und darf allen ans Herz gelegt sein, die pathetischen Pophymnen eher skeptisch gegenüber stehen und dennoch Musik mit Gefühl mögen. Ausflug verzichtet anders als die Vorgänger auf Elektronik und macht trotzdem nicht alles anders. Hier geht es nach wie vor um eine Stimme, ihre Geschichten und die Stimmung, die sich beim Hören erst unmerklich aber schließlich ganz verbreitet. Eine angenehme Unaufgeregtheit, die wie geschaffen dafür scheint, die Ruhe eines gemütlichen Kaffeetrinkens am Sonntagmorgen zu begleiten. Der Zuhörer kann sich von der Stimme auf ihren Sonntagmorgen-Ausflug mitnehmen lassen. Mit ihr schlendern, mit ihr suchen, sich umschauen und auch mal länger verweilen, wenn es etwas genauer zu beobachten gilt- eine ausgebleichte Rathausuhr, ein Regenguss oder die Ratlosigkeit an der nächsten Kreuzung, „gerade wenn man denkt, so kann es geh`n.“ Schnell gerät dabei der Fuß in leichtes Wippen, Bilder fliegen vorbei, die Gedanken schweifen ab. Die zurückhaltende Instrumentierung mit Gitarre, Banjo und Schlagwerk bewirkt die Leichtigkeit, mit der die Geschichten ins Ohr wandern. Als unbeschwert ließe sich die Stimmung dieser Musik spontan beschreiben, dann aber auch als angenehm melancholisch – ohne dabei gleich oberflächlich zu sein oder sich in Belanglosigkeit zu verlieren. Werden doch viel zu viele Anstöße gegeben und Bezüge hergestellt zu früher Gelesenem oder Gesehenem. Und sind doch die Geschichten , die da vertont werden, viel zu vertraut. Sei es die Begeisterung für Pascal Merciers „Nachtzug nach Lissabon“, die Erinnerung an verschenkte Herzen oder für ausgedehnte Reisen in Gedanken, „über alle Berge, einfach bis zum letzten Ton auf und davon“. Wenn Titus Lang nicht gerade Geschichten vertont und live von Axel Schröck am Akkordeon, Banjo und Percussion unterstützt wird, verwandelte er seine Texte in Comics und Kurzgeschichten, arbeitet als Autor und Nachrichtenreporter, ist unterwegs zwischen Berlin und Leipzig und Anfang Mai dann auch live musizierend in Dresden zu erleben.“

(Kunststoff-Kulturmagazin Heft 19 April/Mai/Juni 2010 S.63/ ISSN 1861-1397

"Es gibt sie also wirklich - Sonntagsmusik. Im Falle von Titus Lang ist sie allein durch die Etikettierung offensichtlich, denn der Wahlberliner hat seine Songs unter dem Kalenderblatt des siebten Wochentags gebündelt. Aber auch bei genauerem Hinhören ist auf seinem Album „Sonntag“ die entspannende Absicht zu erkennen, und es wird sogar noch toller: Denn ein gewisser Herr Nicolas Sonntag machte Anfang des 20. Jahrhunderts Karriere als Kaffeehausmusiker, und, ihr ahnt es, Teile seiner Stücke finden sich nun als Text und Musik bei Titus Lang wieder. Doch die wiederverwendeten Stücke klingen keineswegs altbacken, sondern wurden zu seichten Deutschpoppern weiterverarbeitet. Mehr oder weniger dick aufgetragene Elektro-Schichten wechseln sich mit holzigen Folkpop-Elementen ab, und bilden damit die nahezu perfekte Grundlage, um den grauen Alltag im sonntäglichen Milchkaffee zu ertränken und die Gedenken schweifen zu lassen."

(MotorRedaktion -motor.de 21.05.07)

 

Lyrikzeitung zur Anthologie

"Beim Verlassen des Untergrunds? Eine Nachlese anlässlich der Buchpräsentation in der Moritzbastei. Von der literarischen Seite her berühren die Arbeiten fast alle heute gängigen Ausdrucksformen, vom Popsong über das experimentelle Gedicht bis zum dramatischen Entwurf...Die Arbeiten sind in der Zusammenstellung auf eine Weise miteinander verwoben, dass sowohl die Unterschiede als auch die Gemeinsamkeiten zwischen den Künstlern sichtbar werden...Da zu den Bildern selbst der Comic und in Fotofolgen verwandelte Filmsequenzen gehören, erinnert dieses Buch, das auf dem Buchmarkt derzeit seinesgleichen suchen dürfte, in seiner Machart an Rolf Dieter Brinkmanns Anthologie „Acid“, nur dass in diesem Buch nicht die Arbeiten einer amerikanischen Subkultur, sondern die einer deutschen Underground-Szene versammelt werden. Vom deutschen Feuilleton kaum wahrgenommen, gehört diese Publikation (und man möchte fast sagen: dennoch!) zu den wichtigen und wegweisenden Veröffentlichungen der letzten Jahre." (erschienen im Plöttner Verlag Leipzig, März 2008, ISBN 978-3-938442-37-1